Als Model reise ich das ganze Jahr um die Welt. Ich erlebe und sehe viele Länder, andere Kulturen und lerne neue Menschen kennen. Das ist wundervoll und ich bin dem Universum unglaublich dankbar, dass ich das alles mit 57 Jahren erleben darf. Meine Erfahrung und mein Statement sind deshalb: Age is no limitation.
Dafür stehe ich! Ich möchte damit gerne andere Frauen inspirieren, all’ die Türen zu öffnen, die es auch mit über 50 noch gibt. Und vor allem, nicht nur zu öffnen, sondern auch durch zu schreiten. Aber darüber soll es in meiner Kolumne heute gar nicht gehen, sondern vielmehr um das Thema:
Was ist Heimat?
Heimat ist für mich mehr als nur ein Wort. Heimat ist ein Lebensgefühl, das ich gerade in der Weihnachtszeit besonders stark empfinde. Heimat ist dann der Ort an dem meine Familie und Freunde zusammen kommen. Ein Ort, an dem wir uns geborgen fühlen, den wir mit intensiven Erinnerungen und manchmal einem ganzen Leben verbinden. Aber Heimat kann auch widersprüchliche Gefühle auslösen. Dann setzt man vielleicht alles daran die Heimat hinter sich zu lassen…so wie ich früher.
Lange schämte ich mich für meine Heimat
Als Studentin fand ich Deutschland eng und spießig und vor allem hatte es eine schreckliche Vergangenheit. Wie viele meiner Generation schämte ich mich für meine Heimat. Wie konnte ich mich mit einem Land identifizieren, das im Krieg unvorstellbare Verbrechen begangen hatte. In meinem Auslandsjahr in Frankreich (1981), ließen mich das viele Franzosen spüren. Egal wo, in der Boulangerie, auf dem Amt oder im Cafe. Als Deutsche war ich nicht willkommen. Ich hatte Verständnis dafür. Ich war definitiv nicht stolz auf meine Herkunft. Wann immer es ging, verschwieg ich, dass ich Deutsche bin.
Eigentlich wollte ich immer nur weit weg von Deutschland. Später mit meiner Familie, überlegte ich eine Weile sogar ernsthaft nach Kanada oder Neuseeland auszuwandern. Am Ende entschieden wir uns doch für unseren Bauernhof in der Holledau und die vielen Tiere. Und das war gut so, denn wir erlebten dort mit unseren Kindern eine wundervolle Pippi Langstrumpf-Zeit.
Sehnsucht nach Heimat
Letztlich musste ich meine Heimat immer wieder verlassen, um zu spüren wie wichtig sie mir ist. Gerade auf meinen vielen Reisen als Model in den letzten Jahren, stellte ich fest, dass ich tiefer mit meiner Heimat verwurzelt bin als ich dachte. Mit Deutschland, mit Bayern und natürlich ganz besonders mit München. Dort schlägt mein Herz. Das war mir lange nicht klar.
„Mit dem Herzen erkennen wir Wahrheiten, die wir mit dem Verstand nicht erkennen.“
Pascal Blaise
Als meine Kinder Paulina (29) und Jogi (26) klein waren, las ich ihnen oft Geschichten des Kinderbuchautors Janosch vor. Unser Favorit war „Komm’ wir finden einen Schatz“. Darin geht es um den kleinen Bär und den kleinen Tiger, die davon träumen einen Schatz zu finden. Sie machen sich auf den Weg und suchen und graben überall auf der ganzen Welt, nur nicht Zuhause. Es geht letztlich um die Frage was wirklich glücklich macht im Leben und wo das Glück ist. Ich finde, diese kleine Kindergeschichte schildert unser menschliches Drama sehr gut. Wir denken und suchen das Glück immer woanders, nur nicht dort wo wir sind. So wie ich…
Das Glück ist hier!
Heute weiß ich, dass ich nicht weg muss, um glücklich zu sein. Natürlich ist es möglich sich auch an einem anderen Ort dieser Welt Zuhause zu fühlen. Das bezweifle ich gar nicht, aber mein Glück ist eben eng verbunden mit dieser, meiner Heimat. Das weiß ich nun. Jedes Mal, wenn der Flieger im Landeanflug auf München ist und ich unter mir die Seen, Wiesen, Wälder und Dörfer sehe, macht mein Herz einen kleinen Sprung vor Freude. Hier bin ich aufgewachsen, sozialisiert, verwurzelt, kann mich in meiner Sprache differenziert ausdrücken und das was andere sagen exakt (meistens 😉 einordnen. Hier leben meine Kinder, meine Freunde. Hier steht das Haus meiner Eltern, in dem ich nun in zweiter Generation wohne und über das die Wildgänse jeden Herbst auf ihrem Weg in den Süden fliegen.
Heute mit so vielen Meilen und Jahren auf dem Rücken, weiß ich meine Heimat zu schätzen. Und zum Glück hat sich auch Deutschland zum Positiven verändert. Sicher, es ist nicht alles gut und gerade der Rechtsruck der seit einiger Zeit durch unser Land geht, beunruhigt mich sehr. Trotzdem, ich liebe die deutsche Kultur, die Sauberkeit, Hilfsbereitschaft, Zuverlässigkeit der Menschen, die unglaubliche Schönheit unserer Landschaften und das entspannte Leben hier im Vergleich zu New York.
Eine Heimat zu haben und hier leben zu dürfen, dafür empfinde ich tiefe Demut. Viele Menschen haben dieses Glück nicht. Und ja, wenn die Wildgänse, wie jedes Jahr mit diesem ganz besonderen Geräusch, dem Zischen schlagender Flügel und Schnattern, über mein Elternhaus Richtung Süden fliegen… macht mich das immer auch ein bisschen wehmütig. Aber ich weiß, sie kommen wieder zurück, die Gänse…so wie ich, wenn ich auf Reisen gehe, immer wieder in meine Heimat zurückkehre.
Wo ist Deine Heimat? Was bedeutet sie für Dich?
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Simone Jacob
ist Autorin, Regisseurin, Weltreisende, Mutter, Bildhauerin, Model und noch vieles, vieles mehr. Sie hat sich in ihrem Leben mehrfach neu erfunden und ist damit eine Art Lifestyle-Künstlerin. In ihrer exklusiven Kolumne für das PETER HAHN Magazin möchte sie Frauen dazu inspirieren, das Leben zu nehmen, wie es kommt, dabei stets positiv zu denken und auch dem Thema Alter und Altern entspannt entgegen zu sehen. Dabei hat sie jede Menge Tipps und Tricks für die perfekte innere Ruhe und Ausgeglichenheit im Gepäck.