Egal wo ich in letzter Zeit hinkomme und mit wem ich spreche, es fühlt sich nach Endzeit-Stimmung an.
Erst kürzlich hatte ich ein Gespräch im Freundeskreis. Der Tenor war eine einzige Beschwerde. Mit diesen blöden Masken im Gesicht habe man zu nichts mehr Lust, alles ist ätzend, nicht mehr auszuhalten, ab 22 Uhr Ausgangssperre – eine Zumutung, der Andalusien-Urlaub fällt schon wieder aus, keinen Bock mehr auf Kochen, ich bin schon ganz depressiv…
Ich verstehe all’ diese Gedanken und Gefühle und habe sie natürlich auch schon gehabt. Klar, Corona beutelt uns alle – die einen mehr, die anderen weniger – aber wenn ich mich umsehe, geht es den meisten noch erstaunlich gut. Ja, wir müssen vielleicht den Gürtel enger schnallen, aber wir haben immer noch ein Dach über dem Kopf, sind krankenversichert, werden jeden Tag satt, treiben nicht hilflos auf dem Mittelmeer oder leben in einer Favela in Rio De Janeiro.
Trotzdem scheint das Jammern beinahe zum Grundton jeder Konversation zu gehören.
Das Dauer-Genörgel hat den Vorteil, dass man sich im gemeinsamen Elend mit den anderen verbinden und Gemeinsamkeiten finden kann. Leider schadet es uns mehr, als es bringt. Aus dem Jammer-Trampelpfad wird schnell eine ätzende Autobahn in unserem Gehirn.
Wir fahren die Strecke blind und können sogar noch ordentlich Gas geben. An den vielen möglichen Ausfahrten auf kleine liebliche Landstraßen rasen wir achtlos vorbei. Lieber bleiben wir jammernd auf unserer vertrauten, gut ausgebauten Route, als auf unbekannte Seitenstraßen abzufahren.
Dabei wäre es viel gesünder mit dem ewigen Nöhlen aufzuhören.
Schlechte Gedanken stressen unseren Körper und er fühlt sich veranlasst, die Stresshormone Cortisol und Adrenalin auszuschütten. Somit leben wir in einem ständigen Angst- und Fluchtzustand. Nicht gerade das was uns gut tut.
Besser wäre es, wenn wir unsere negativen Gedanken konsequent aussperren und stattdessen mit der Freundin über das sprechen was gut in unserem Leben ist? Zugegeben dazu braucht es Disziplin und Mut. Denn unsere Freundin könnte schockiert reagieren, wenn wir einseitig aus dem Beschwerde-Spiel aussteigen wollen! Freundschaften werden oft durch einen ähnlichen „State of Mind“ zusammengehalten. Wenn einer plötzlich neue Gesprächsregeln aufstellt, kann es das Ende einer Freundschaft bedeuten – manchmal aber auch den Beginn einer echten, freudvollen Beziehung einläuten.
Als ich das mit meiner Freundin besprach, gab sie zu, dass auch sie fand, dass wir uns mit zu vielen negativen Gedanken fütterten. Solche Gespräche hatten uns beide schon häufig frustriert und leer zurückgelassen.
Wir beschlossen, ab sofort destruktiven Gedanken keine Macht mehr über uns zu geben und auf Durchzug zu schalten. Unser neues Mantra: „Ach Du schon wieder! Ich höre Dich, aber ich werde Dir nicht mehr folgen“.
Think positive!
Positive Sätze helfen um die Mecker-Autobahn zu verlassen, zum Beispiel die Freude über die glänzenden Haare, das Herumtollen mit dem Hund im Park, die köstlich süße Mango oder das neue coole Outfit. Selbst bei einem schlimmen Ereignis wie Corona kann man üben, etwas Positives zu finden: Zum Beispiel habe ich seit Beginn der Pandemie weniger Geld ausgegeben für Urlaub, Shopping, Restaurantbesuche, Sprit. Ich hatte Zeit mein Heim neu zu streichen in blau und lindgrün und habe Klamotten ausgemistet. Außerdem habe ich gelernt, besser zu kochen.
Insgesamt ist mein Leben ruhiger geworden. Ich treffe nur noch mir nahe Menschen und auch dann ist spätestens um 22 Uhr Schluss! Ganz ohne schlechtes Gewissen kann ich meine Freunde verabschieden und den Rest des Abends faul auf dem Sofa verbringen. Das alles und vieles mehr macht mich glücklich!
Versuche jeden Killer-Gedanken durch einen sonnigen zu ersetzen. Wie bei einer Diät. Statt Schokolade, gibt es Salat, Fisch, Gemüse und ja, ein Häppchen Schokolade zwischendurch darf es trotzdem sein. Denn wie bei allem kommt es auf die Menge an. Echter, berechtigter Ärger darf und muss natürlich geäußert werden.
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Simone Jacob
ist Autorin, Regisseurin, Weltreisende, Mutter, Bildhauerin, Model und noch vieles, vieles mehr. Sie hat sich in ihrem Leben mehrfach neu erfunden und ist damit eine Art Lifestyle-Künstlerin. In ihrer exklusiven Kolumne für das PETER HAHN Magazin möchte sie Frauen dazu inspirieren, das Leben zu nehmen, wie es kommt, dabei stets positiv zu denken und auch dem Thema Alter und Altern entspannt entgegen zu sehen. Dabei hat sie jede Menge Tipps und Tricks für die perfekte innere Ruhe und Ausgeglichenheit im Gepäck.